Aufsichtspflicht -
Haftung von Lehrern und Referendaren

10.11.2022 – Aufsichtspflicht -Haftung von Lehrern und Referendaren

Lehrer und Referendare haften in der Schule

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Aufsichtspflicht Haftung von Lehrern und Referendaren

Lehrer übernehmen im Schulalltag sehr viel Verantwortung. Ihnen werden Kinder anvertraut und gleichzeitig damit auch die Aufsichtspflicht übertragen. Dabei ist insbesondere in den niedrigen Klassenstufen eine lückenlose Aufsicht verbunden, die dann über die Jahre und das Alter der Schülerinnen und Schüler gelockert werden kann. Kommt es zu einem Schaden eines Kindes, haftet im schlimmsten Fall die Lehrkraft als Privatperson. Welche Dinge es zu beachten gilt, erfährst Du hier!

Inhaltsverzeichnis

Haften Lehrer und Referendare in der Schule?

Ja! Lehrer und Referendare unterliegen nach dem Niedersächsischen Schulgesetzt nach § 62 Aufsichtspflicht der Schule

(1) Die Lehrkräfte haben die Pflicht, die Schülerinnen und Schüler in der Schule, auf dem Schulgelände, an Haltestellen am Schulgelände und bei Schulveranstaltungen außerhalb der Schule zu beaufsichtigen. Die Aufsicht erstreckt sich auch darauf, dass die Schülerinnen und Schüler des Primarbereichs und des Sekundarbereichs I das Schulgrundstück nicht unbefugt verlassen.

(2) Geeignete Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Schule (§ 53 Abs. 1 Satz 1), Personen, die außerunterrichtliche Angebote durchführen, (§ 53 Abs. 1 Satz 2) sowie geeignete Erziehungsberechtigte können mit der Wahrnehmung von Aufsichtspflichten betraut werden. Auch geeignete Schülerinnen und Schüler können damit betraut werden, wenn das Einverständnis ihrer Erziehungsberechtigten vorliegt.

Wann handelt ein Lehrer oder Referendar mit direktem Vorsatz?

Direkter Vorsatz liegt vor, wenn man weiß, dass ein Verhalten einen Schaden bspw. einen Unfall herbeiführen wird und diesen auch herbeiführen möchte. Beispiel direkter Vorsatz: Man schubst einen Schüler und dieser fällt dann die Treppe herunter.

Wann handelt ein Lehrer oder Referendar mit bedingtem Vorsatz?

Bedingter Vorsatz liegt vor, wenn man einen Schaden zwar nicht als Ziel hat, diesen Schaden aber in Kauf nimmt. Beispiel: Man fährt nach der Schule über den Parkplatz. Eine Gruppe von Schülern versperrt die Ausfahrt. Durch ein langsames Hineinfahren in die Gruppe erschreckt sich ein Schüler und fällt vom Fahrrad. Die Folge ist ein Armbruch.

Wann verletzt ein Lehrer oder Referendar seine Aufsichtspflicht grob fahrlässig?

Die grobe Fahrlässigkeit ist die am häufigsten vorkommende Variante. Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn eine Lehrkraft davon ausgeht, dass schon nichts passieren wird. Hier zahlt zunächst der Dienstherr über die Amtshaftung und nimmt in einem weiteren Schritt die Lehrkraft in Regress. Die Grundlage dafür bildet folgende Beurteilung: Wer hofft, es würde schon nichts passieren, jedoch abschätzen kann, dass etwas passieren könnte, den trifft erhebliche Schuld, da keine Gegenmaßnahmen ergriffen werden.

Wann verletzt ein Lehrer oder Referendar seine Aufsichtspflicht leicht fahrlässig?

Leichte Fahrlässigkeit liegt vor, wenn die Gefahr nicht bewusst wahrgenommen wird, obwohl die Lehrkraft diese hätte sehen können. Hier zahlt der Dienstherr, ohne die Lehrkraft in Regress zu nehmen. 

(Deutscher Philologenverband Niedersachsen; Aufsichtspflicht in der Schule 2019).

Wer entscheidet bei Lehrern oder Referendaren, ob grobe Fahrlässigkeit, leichte Fahrlässigkeit oder Vorsatz vorliegt?

Welche Stufe und Schuld vorliegt entscheidet dabei nicht der Dienstherr sondern die vorgesetzte Behörde bzw. ein Gericht. Dabei ist es wichtig zu wissen, dass die Beweislast bei Dir als Lehrkraft liegt. Das bedeutet, dass Du nachweisen musst, dass Du deine Aufsichtspflicht nicht verletzt hast (Deutscher Philologenverband Niedersachsen; Aufsichtspflicht in der Schule 2019).

Müssen Schüler lückenlos beaufsichtigt werden?

Das Gute ist, dass Du die SchülerInnen nicht lückenlos beaufsichtigen musst, da ja auch die Selbstständigkeit gefördert werden soll. Beim Schwimmunterricht oder bei sehr jungen SchülerInnen ist dies jedoch notwendig. Dabei gilt, je reifer und älter die SchülerInnen, desto mehr kann die Aufsicht gelockert werden.

Dabei könnte grob folgendes festgehalten werden:

  • Gefährliche Tätigkeiten: fast lückenlose Kontrolle
  • Primarstufe: fast lückenlose Kontrolle 
  • Mittelstufe: Belehrung und mittlere Kontrolldichte            
  • Oberstufe: Belehrung und gelegentliche Kontrolle  

(Deutscher Philologenverband Niedersachsen; Aufsichtspflicht in der Schule 2019).

 

Muss ich Angst vor Haftung als Lehrer oder Referendar haben?

Nein, informiere dich an welchen Stellen Du in Bezug auf fahrlässiges Verhalten aufpassen musst. Zusätzlich solltest Du keine Aufgaben übernehmen, bei denen deine Aufsichtspflicht nicht gewährleistet werden kann. Beispielsweise wenn Du zwei Klassen gleichzeitig beaufsichtigen sollst. Zusätzlich sollte unbedingt eine Privathaftpflichtversicherung mit einer Diensthaftpflicht abgeschlossen werden (Deutscher Philologenverband Niedersachsen; Aufsichtspflicht in der Schule 2019).

Hafte ich als Lehrer oder Referendar mit meinem Privatvermögen

Ja, denn selbst mit einer ausreichenden Diensthaftpflichtversicherung können Haftungsausschlüsse bestehen. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn das Verschulden der Lehrkraft so groß ist, dass man ihr eine vorsätzliche Aufsichtspflichtverletzung unterstellen kann. Du solltest also trotz Versicherung deine Aufsichtspflicht wahrnehmen (Deutscher Philologenverband Niedersachsen; Aufsichtspflicht in der Schule 2019).

Darf ich einen Schüler vor die Tür stellen?

Ja, einen normalen Schüler kann man getrost vor die Tür stellen, auch ohne die eigene Aufsichtspflicht zu verletzen, wenn man ihm präzise sagt, dass er dort zu bleiben hat. Etwas anderes gilt jedoch für Grundschüler und für verhaltensauffällige SchülerInnen die bspw. unter ADHS leiden (Deutscher Philologenverband Niedersachsen; Aufsichtspflicht in der Schule 2019).

Wo muss ich als Lehrer oder Referendar aufpassen?

Von den Sportgeräten über die Spielgeräte auf dem Pausenhof bis hinzu den Maschinen im Werkunterricht. Die Gefahrenquellen in der Schule sind vielfältig. Dabei gibt es gefahrgeneigte Fächer und gefahrgeneigte Tätigkeiten. Ein gefahrgeneigtes Fach ist beispielsweise Sport, während eine gefahrgeneigte Tätigkeit der Linolschnitt im Kunstunterricht sein kann, der mit Messern durchgeführt wird (Deutscher Philologenverband Niedersachsen; Aufsichtspflicht in der Schule 2019).

Was sind Personenschäden?

Während der Turnstunde lässt Du als Lehrkraft die Klasse längere Zeit allein. Die Kinder turnen wie vorgesehen an Geräten, ohne dass sie dabei die vorgeschriebene Hilfestellung haben. Ein Junge stürzt vom Reck und verletzt sich schwer. Dein Verhalten als Lehrkraft stellt einen schweren Verstoß gegen deine Berufspflichten dar. Dabei kannst Du mit hohen Regressforderungen der zunächst leistungspflichtigen Sozialversicherungsträger rechnen. Das bedeutet, dass von Dir Schadensersatz gefordert wird, wie z. B. die Erstattung von Behandlungskosten, Verdienstschäden, Rentenleistungen sowie Schmerzensgeld.

Was sind Sachschäden?

Bei einer Exkursion mit Jugendlichen aus einer betreuten Wohngruppe werden von einigen Jugendlichen die Polster von Eisenbahnabteilen beschädigt. Du als Lehrkraft wirst wegen grober Vernachlässigung der Aufsichtspflicht zum Schadensersatz herangezogen.

Was sind Vermögensschäden?

Du buchst eine Klassenfahrt und hast leider einen groben Fehler bei der Buchung der Tickets gemacht. Die Eltern wollen nicht für deinen Buchungsfehler aufkommen.

Du bestellst Schulbücher. Bei Ankunft der Bücher stellst Du fest, dass die Bestellung falsch von Dir aufgegeben wurde. Die Eltern wollen die über eine Umlage finanzierten Bücher nicht zahlen.

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